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KAMERATECHNIK ERKLÄRT
Beim automatischen Weißabgleich versucht
die Kamera selbstständig, diese Farbstiche zu
identifizieren und zu neutralisieren. Das funk-
tioniert erstaunlich gut, aber für Profi-Produk-
tionen nicht gut genug. Hier kommt der manu-
elle Weißabgleich ins Spiel: Vor dem
eigentlichen Shooting wird eine neutrale graue
oder weiße Fläche ab fotografiert. An dieser
Farbvorgabe kann sich die Kamera orientieren
und die Farben aller folgenden JPEGs entspre-
chend mischen. Wichtig ist lediglich, dass sich
die Lichtverhältnisse während des Shootings
nicht ändern. Bei RAW-Aufnahmen dient der
manuelle Weißabgleich lediglich als Vorgabe
für die Anzeige und Konvertierung in JPEG.
Standardisierter Farbraum
Bei der Umwandlung vom Rohdatenformat in
JPEG geschieht noch etwas anderes, nicht so of-
fensichtliches: Die Aufnahme wird einem Far-
braum zugeordnet, in der Regel ist das sRGB
(siehe Kasten S. 35). Dieser Farbraumstandard
wurde im Jahre 1996 für Kathodenstrahl-
Röhrenbildschirme entwickelt und hat sich als
Monitorcheck: Kalibrierungsgeräte wie Spyder X Pro (ca. 180 Euro) messen die Farben von
Monitoren aus und erstellen gerätespezifische Farbprofile. Diese werden ins Betriebssystem ein- kleinster gemeinsamer Nenner in sehr vielen
gebunden und sorgen so für standardisierte Farben. Bereichen gehalten, auch bei der Präsentation
online. Wer seine Bilder auf seiner Website mit
sRGB-Profil zeigt, kann sich relativ sicher sein,
kann so die Kontraste neu abmischen oder das „realistische“ Farben, die Farbe eines Klei- dass die meisten Monitore und Smartphones
Bild wieder farbig machen. Je nach Hersteller dungsstückes etwa darf weder im Prospekt diese darstellen können – immer vorausge-
nennen sich diese Vorgaben anders, bei Fuji- noch im Online-Shop von der Wirklichkeit ab- setzt, dass die Monitorpanels selbst keine Farb-
film etwa Film Emulsions, bei Canon Picture weichen. Das bedeutet für den Fotografen, dass stiche aufweisen. Sogar die allermeisen Online-
Styles, bei Nikon Picture Control – die Funktion er bei der Entwicklung der Bilder den Farbstich Fotolabore halten immer noch an sRGB als
ist die selbe. der Studiobeleuchtung bzw. des Umgebungs- Farbraum für Fotobelichtungen und ihre be-
lichts eliminieren muss, also erhöhte Orange- liebten Fotobücher fest.
Farbechte Produktbilder Anteile bei Aufnahmen im Morgen- und Der Standard sRGB umfasst relativ wenig
Für Produkt- und Katalogfotografen ist ein an- Abendlicht beziehungsweise Blauschimmer Farben, was vor allem das Grünspektrum be-
derer Aspekt wichtiger: Ihre Kunden erwarten bei Aufnahmen im Schatten. trifft. Für professionelle Fotografen ist das un-
Augen auf: Häufige Probleme in der Bilddarstellung
Manchmal wirken die Farben eines Bildes flach oder einfach „falsch“. Die Ursache ist in der Bilddatei
selbst zu suchen oder auch in einem Monitor ohne oder falsch kalibriertem Geräteprofil.
Farbstiche Grau statt schwarz
Wenn die Abmischung der Damit Bilder auch wirklich
Grundfarben Rot, Grün und „satt“ und plastisch wirken,
Blau nicht stimmig ist, spricht muss auch die Darstellung
man von einem Farbstich. der Farbe Schwarz stimmen
Besonders auffällig ist dieser (True-Black-Monitore). Oft ist
Rotstich bei Porträts: Etwas zu viel „abgesoffene“ Schatten nur eine Neujustierung der IMAGES
IMAGES Blau lässt die Haut leicht Monitorhelligkeit nötig, bei
Windows bietet ein Gamma
kränklich erscheinen, etwas
von etwa 2,2 eine gute
zu viel Rot erinnert an verita-
RIDOFRANZ/GETTY blen Sonnenbrand. Die Ursa- Durchzeichnung, unter Mac- FEDOTOVANATOLY/GETTY
OS dagegen 1,8. Viele günsti-
che kann ein falscher Weiß-
ge Monitore stellen jedoch
abgleich sein, ein falsch
bei seitlicher Betrachtung nur
zugewiesenes Profil oder ein
FOTO: Blaustich mangelhafter Monitor. gute Schwarzdarstellung verwaschenes Grau dar. FOTO:
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